Reisebericht vom 01. Februar 2012

Reisebericht 05

Ab Memphis heisst es für uns Kilometer fressen. Es sind doch noch ca. 2‘700 km bis nach Las Vegas. Auf der I-40 fahren wir den ganzen Tag in westlicher Richtung. Russellville ist unsere Übernachtungsstation.

Immer noch auf der I-40 verlassen wir ja schon bald Arkansas. Leider haben wir nicht sehr viel von diesem Staat gesehen, ausser dass wir ihn durchquert haben. Unser „Hüsli“ läuft prima. Stolz tuckert es mit über 70 km/h über den Highway. Ja, es wird zwar von allen anderen schnellen und modernen LKWs überholt, aber welcher von denen kann schon sagen, dass er seit 43 Jahren auf der Strasse ist. Schliesslich erreichen wir den nächsten Staat Oklahoma. Oklahoma hat keine spektakuläre Landschaft wie der Südwesten und keine Glitzermetropolen zu bieten, dafür aber eine breite Palette an Natur und Kultur der nicht alltäglichen Art. Ungewöhnlich ist auch die Bevölkerung hier in den „Heartlands“, im Zentrum Amerikas: zurückhaltend und warmherzig, gastfreundlich und humorvoll. Hier sind Indianer und Cowboys keine Touristenattraktion, hier sind sie der Alltag. Endloser Horizont und konstanter Wind – „Big Sky, Big Blows“ – prägen Oklahoma, aber auch klimatische Extreme wie Tornados, Schneestürme, Gewitter und Hagelstürme kommen vor. Hier im Zentrum Nordamerikas gibt es keinen bremsenden Gebirgszug zwischen der polaren Kaltluft aus dem Norden und der warmen, feuchten Luft, die über dem Golf von Mexiko entsteht.
Wir schaffen es noch bis nach Sallisaw.

Bis nach Oklahoma City sind es ca. 250 km. Die schaffen wir heute gerade noch. Etwas südlich der Stadt können wir uns auf dem Roadrunner RV Park einrichten. So können wir unser „Hüsli“ bei der morgigen City Tour mit dem Töff mit gutem Gewissen stehen lassen.

Es ist nicht so weit bis ins Downtown Oklahoma City. Das Wetter ist gar nicht so schlecht, etwas bewölkt aber angenehm warm. Mit neu aufgefülltem Benzin schafft unser Töff die paar Meilen problemlos.

Oklahoma City – Horse Show Capital oft he World
An jenem Montag existierte um 12 Uhr die Ortschaft Guthrie noch gar nicht; bei Sonnenuntergang lebten hier fast 10‘000 Menschen, waren Strassen und Grundstücke vermessen und ein Stadtrat gewählt. Mit Staunen berichtete man vom legendären Oklahoma Land Run am 22 April 1889, nachdem Oklahoma City, die heutige Hauptstadt des US-Bundesstaats, wie Phoenix aus der Asche auferstanden war. In rasantem Tempo hatten sich rund 50‘000 Menschen quasi an einer Startlinie versammelt und waren in alle Himmelsrichtungen ausgeströmt, um sich in den Weiten der Prärie ein Stück Land zu sichern und eine neue Existenz aufzubauen.
An den Land Run erinnert heute in Oklahoma Citys liebevoll restaurierter Altstadt Bricktown. Nach einem Spaziergang den wir mit einem Apéro abschliessen, fahren wir die drei Meilen nach Stockyards im Südwesten von Oklahoma City. Dort werden zwar nur noch zweimal wöchentlich Kälber und Mastvieh verkauft, aber immerhin in Stückzahlen von bis zu 10‘000. Damit sind die Oklahoma Stockyards der weltgrösste Umschlagplatz für Fleischrinder. Kaum ist die Auktion beendet, trifft man sich im Cattlemen’s Café and Steakhouse. Und heute eben auch uns. Diesen doch schönen Tag wollen wir mit einem feinen Steak abschliessen. T-Bone-Steak, Sirloin, Filet Mignon, Strip, Ribeye – schon beim Blick auf die Speisekarte läuft uns das Wasser im Mund zusammen. Riesengross ist das Stück Fleisch und so was von zart. Ausgezeichnet!!!

Weiter auf der I-40, die heute ja zum grossen Teil die alte Historic Route 66 ersetzt, fahren wir immer in westlicher Richtung. Nach einigen Stunden erreichen wir erneut den Staat Texas. Aber diesmal im Norden.
Noch am Vormittag erreichen wir die Vororte von Amarillo. Da wir zuerst einen Abstecher in den 30 km südlich gelegenen Palo Duro Canyon machen, lassen wir die Stadt Amarillo zunächst auf der rechten Seite links liegen. Die Anfahrt zum Canyon wäre eigentlich gar nicht so schwierig und kompliziert, wenn da nicht Rico mit den „guten“ Ideen wäre. Er besteht darauf den Highway zu verlassen um eine Abkürzung zu nehmen. Ist doch schöner über Land als auf dem Highway. Nun ja, da hat er schon Recht, wenn es denn auch eine Strasse gäbe. Die Abkürzung führt uns in ein schönes Wohnquartier, die Strasse ist eng und kurvig. Und sie endet bei einem Haus. Wenden geht nicht, da der Zaun und parkierte PKW‘s den Weg versperren. Nur eine kleine Einfahrt ist vorhanden. Gerade genug Platz für unser „Hüsli“ aber ohne Anhänger. Also da hilft nur eines; Anhänger abhängen und von Hand halbwegs drehen. Mit dem „Hüsli“ solo wenden und wieder anhängen. Geschafft! Aber Rico gibt sich noch nicht geschlagen. Cool meint er: „Oh das war wohl die falsche Strasse, es ist die Nächste“. Also fährt er in die Nächste. Die ist aber noch schmaler und endet ebenfalls nach ca. 500 Metern. Ja super! Aber hier gibt’s keine kleine Einfahrt. Also erneut den Hänger abhängen. Und nun wendet Rico das „Hüsli“ auf engstem Raum mit „sagen“. Also eines hat er schon im Griff; das „Hüsli“. Nun hängen wir den Anhänger vorne an und stossen ihn die ca. 500 Meter zurück. Zum Glück ist auch dies wieder geschafft, aber wir haben sicher 1½ Std. verloren. Nun ist auch Rico soweit, dass er zurück zum normalen Weg fährt und die Abkürzung vergisst.
Wir erreichen dann doch noch die Ortschaft Canyon. Von da ist es nur einen Katzensprung, bis ein Naturschauspiel der besonderen Art auf uns wartet. Fast unvermittelt reisst die eintönige Hochebene auf und wir blicken hinunter in die tiefe Schlucht des Palo Duro Canyon. Bei diesem fast 200 km langen, bis zu 30 km breiten und bis zu 240 m tiefen Canyon handelt es sich um die zweitgrösste Schlucht Nordamerikas nach dem Grand Canyon. Wir fahren auf der Scenic Route durch den State Park bis zum Fortress Campground. Das ist genau das Richtige um die lange Fahrt auf der I-40 zu unterbrechen. Sofort stellen wir unser „Hüsli“ in die richtige Position, so dass wir auf dem Balkon schön viel Sonne abbekommen. Wir sitzen gemütlich an der Sonne, plötzlich taucht Jim auf, der nie wieder geht und pausenlos schwatzt. Mit der Ruhe und der Kaffeepause an der Sonne ist es nun vorbei. Jim ist aber sehr nett und erzählt uns einiges über den Canyon. Überwältigt sind wir dann vom feuerroten Sonnenuntergang mit dem sich dann auch endlich Jim verabschiedet.

Schon wieder ein prächtiger Tag, das Quecksilber steigt über 20° C, ideal für eine kleine Wanderung. Danach holen wir das gestern versäumte Sonnentanken nach.

Da das Wetter immer noch hervorragend ist, entschliessen wir uns, den Vormittag noch im Canyon zu verbringen. Dabei nutzen wir die Gelegenheit unsere Dieselpumpe zu entleeren und zu reinigen. Danach fahren wir (auf normalen Strassen) zurück nach Amarillo. Die zweitgrösste Stadt der Region mit knapp 200‘000 Einwohnern liegt direkt an der legendären Route 66. Hier in Amarillo spielen Ranching und Farming (Weizen, Mais, Baumwolle, Hirse und Sojabohnen) und die Erdgas- und Erdölgewinnung eine Hauptrolle in der Wirtschaft. Amarillo setzt fremdenverkehrstechnisch auf die Pferdezucht und den mystischen Klang der Route 66. Dabei ist in Amarillo (abgesehen von dem Song „Get your kicks on Route 66“, in dem es vorkommt) von der Historic Route 66 nicht viel übrig geblieben. Da wir in Texas noch kein Steak gegessen haben, nutzen wir hier unsere wahrscheinlich letzte Chance dies zu tun. Im Country Barn BBQ and Steakhouse werden wir mit dem Feinsten verwöhnt.

Wir verlassen Amarillo und bald danach auch Texas. Den ganzen Tag fahren wir auf der I 40. In New Mexico wählen wir einen Truck Stop zum Übernachten. Etwas abseits von den grossen Trucks stellen wir uns hin. Kurz nach dem Abendessen kommt ein starker Wind auf. Er wird stärker und stärker, fast orkanähnlich, unser „Hüsli“ wird richtig durchgeschüttelt. Irgendwie haben wir ein mulmiges Gefühl dabei, so schutzlos dem Wind ausgeliefert zu sein. Also fassen wir den Entschluss, um zuparken. Wir stellen uns hinter eine Mauer. Ja, jetzt ist es besser, jetzt stehen wir windgeschützt.

Am Morgen bläst der Wind immer noch. Das heisst für uns, wir müssen den ganzen Tag gegen den starken Wind fahren. Und das bedeutet, dass unser „Hüsli“ viel langsamer ist, aber dafür enorm mehr Diesel verbraucht. Wir schaffen es trotzdem bis nach Albuquerque. Die Stadt hat für uns keinen speziellen Reiz, aber als Übernachtungsplatz reicht sie allemal.
Zum Glück hat der Gegenwind nachgelassen und so erreichen wir wieder volle Fahrt. Am späteren Nachmittag erreichen wir die Grenze zu Arizona.

Da wir ab hier die Strecke bis nach Las Vegas schon vom letzten Jahr kennen, werden wir auch keine Stopps mehr einlegen. So fahren wir durch bis Ash Fork.

Da wir noch einige Tage zur Verfügung haben und wir wissen, dass das Wetter so schön bleibt (20° C), möchten wir diese am Lake Mead (Stausee Hoover Dam) verbringen. In Kingman füllen wir zum letzten Mal unsere Lebensmittel auf, so dass wir für die Tage am See eingedeckt sind. Gegen 16.00 Uhr fahren wir zum x-ten Mal über den Hoover Dam und sind somit wieder in Nevada. Gleich bei Boulder City zweigt die Strasse zum Lake Mead ab. In Seenähe finden wir einen Campground und ein schönes Plätzli. Das ist super, so wollen wir diese Reise beenden.

Der Lake Mead ist ein 1936 fertig gestellter Stausee des Colorado Rivers. Er liegt etwa 50 km südöstlich von Las Vegas. Mit einer Länge von ca. 170 km, einer Tiefe von bis zu 180 m, einer Fläche von 640 km2 und einem Stauvolumen von 34,9 Milliarden m3 ist er der grösste künstlich geschaffene See der Vereinigten Staaten. Damm und Stausee wurden als Trinkwasserspeicher für Süd-Californien angelegt. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft ermöglichte erst den Aufschwung von Las Vegas. Wir nutzen die Tage um nochmal auszuspannen, Sonne zu tanken und das Erlebte Revue passieren zu lassen. Wir haben sogar Zeit um einen Teil unserer Video-Aufnahmen zu schneiden und zu vertonen. Nun, so verstreicht die Zeit trotzdem viel zu schnell. Auch mussten wir schon einige Vorbereitungen treffen für unsere Heimreise und das Einstellen unseres heissgeliebten „Hüslis“.

Alles hat mal ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Leider müssen wir dieses schöne Plätzli am See auch wieder verlassen. Wir fahren die letzten 50 km zurück nach Las Vegas, in die Stadt, die schon bald unser zweites Zuhause ist. Für heute haben wir noch eine Shopping Tour geplant. Baah, das ist ja mega anstrengend, am Abend sind wir richtig kaputt. Schlimmer als wenn wir 100derte von Kilometern gefahren wären. Mittlerweile kennen wir Las Vegas schon sehr gut, und so wissen wir, wo es einen guten Truck Stop zum gratis Übernachten hat.

Heute ist es soweit. Wir müssen uns erneut von unserem „Hüsli“ verabschieden. Unseren Store Platz vom letzten Jahr hat man für uns freigehalten und so kann das „Hüsli“ wenigstens in bekannter Umgebung stehen. Mit dem Umdrehen des Schlüssels schliessen wir gleichzeitig auch diese Etappe unserer Reise ab.



Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?
Soll das heissen ja ihr Leut mit der Reis ist Schluss für heut!

Irgendwie können wir es fast nicht glauben, dass wir morgen, am 3. Februar 2012, wieder nach Hause fliegen müssen. Viel zu schnell ist die Zeit verflogen, aber wir durften auf dieser Reise wieder einmal alles erleben. Von Schnee bis minus 11 Grad, von Sommertemperaturen bis 27 Grad plus, wir haben interessante Leute kennengelernt und texanische Gastfreundschaft genossen. Echter Jazz von New Orleans, Country von Nashville, Blues und Elvis in Memphis waren nur einige der Highlights dieser Reise. Dabei hat unser „Hüsli“ 7‘984 km zurückgelegt.

Nachdem wir nun Kanada, Alaska, den gesamten Westen und Süden der USA befahren und gesehen haben, schliessen wir das Kapitel Nordamerika auf unserer „around the World Tour“ ab. Aber keine Angst, die Pläne für die nächste Etappe sind bereits vorhanden. Wir werden ab Las Vegas mit unserem „Hüsli“ via Mexico und Centralamerika nach Südamerika fahren.



Fotogalerie

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Fahr-Route W Memphis AR - Las Vegas NV 2'779 km



gesamte Fahr-Route 3. Etappe 7'984 km



Dieselverbrauch: 2'594 l